APHASIE IN DER LOGOPÄDIE
„Wie heißt das nochmal?“ – Wer an einer Aphasie leidet, kennt das Gefühl. Das Wort liegt einem auf der Zunge, man stockt. Früher war das nicht so und es ärgert einen, wenn das mit dem Sprechen einfach nicht mehr gelingen will.
Menschen mit einer Sprachstörung haben es nicht leicht im Alltag. Die sogenannte Aphasie bezeichnet eine, im Erwachsenenalter erworbene, Störung der Sprache. Sie wird durch eine Schädigung des Gehirns ausgelöst, typischerweise nach einem Schlaganfall. Hier kommt es entweder durch eine Verengung der Blutgefäßwände, auch als Stenose bezeichnet, zu einer Unterversorgung der dahinter liegenden Hirnareale, oder es entsteht eine Blutung im Gehirn, die auf ein geplatztes Aneurysma, eine Aussackung der Blutgefäßwände, zurückzuführen ist.
Eine Blutung im Gehirn kann aber auch in Folge eines Unfalls entstehen. Nicht selten mündet ein Schädel-Hirn-Trauma in einer Sprachstörung. Ist das Sprachzentrum gestört, das bei den meisten Menschen auf der linken Gehirnhälfte angelegt ist, entscheidet der Ort und die Größe des betroffenen Areals über die Schwere der Sprachstörung.
Über sinnlosen Redeschwall bis zur völligen Sprachlosigkeit, die Aphasie hat viele Gesichter. Es können alle Modalitäten der Sprache gestört sein. Betroffenen fehlt dann zum Beispiel die Fähigkeit, Sprache zu verstehen, oder sie zeigen Probleme beim Sprechen. Wir Logopäd*innen sprechen in dem Fall von einer gestörten Sprachproduktion.
Aphasiker*innen bezeichnen Gegenstände nicht absichtlich falsch. Sie sagen zum Beispiel „Gabel“ oder „Schaufel“ zum Löffel und wissen meist genau, dass sie das falsche Wort gesagt haben, aber sie finden das richtige Wort einfach nicht. Für uns Logopäd*innen ist das ein Hinweis auf eine Störung des Wortabrufs. Stellen wir uns ein Lexikon vor, das in einer Bibliothek versteckt liegt und dem Seiten fehlen. So ist das Lexikon im Gehirn für Betroffene ebenfalls nicht zugänglich oder nicht leserlich, die Worte fehlen.
Manchmal merken Betroffene aber auch nicht, dass sie Gegenstände falsch bezeichnen. Sie sagen dann zum Beispiel anstelle von Löffel völlig sinnbefreit „Föhn“. Dann sprechen wir von einer Störung der Semantik, also der Wortbedeutung. Außerdem gibt es noch die Herausforderung Worte fehlerfrei zu sprechen. Ist die phonologische Ebene betroffen, bilden Patient*innen unter anderem ganze neue Worte, wie „Suppenhalter“ für Löffel oder auch unverständliche Lautanreihungen wie „föllef“ zum Beispiel. Natürlich kann auch die Grammatik betroffen sein. Es weckt in solchen Fällen den Anschein, als würden sich Betroffene von Satz zu Satz hangeln, möglichst kurz und knapp reden. Wir nennen das den Telegrammstil. Dazu können Satzabbrüche den Sprechfluss hemmen.
Früher wurde klassisch in mindestens drei Typen der Aphasie unterteilt. Die Wernicke Aphasie, die Broca Aphasie und die globale Aphasie wurden jedem Betroffenen je nach Schwerpunkt der Symptome zugeordnet. Heute wissen wir, dass eine Klassifizierung eine Behandlung wenig beeinflusst. Letztendlich entscheidet der Therapeut oder die Therapeutin anhand der Ressourcen jedes und jeder Betroffenen, an welchen Modalitäten aktuell gearbeitet werden kann, um eine erfolgreiche Kommunikation zu gewährleisten. In manchen schweren Fällen gelingt dies fortan nur noch mit Hilfsmitteln im Sinne der unterstützten Kommunikation.
Als Beispiele seien hier Talker und Kommunikationsbücher aufgeführt, wie sie etwa auch zum Einsatz bei Personen mit Sprechapraxie kommen. Im Gegensatz zur Aphasie ist bei einer Sprechapraxie primär die Sprachproduktion gestört. Wobei in den meisten Fällen keine klare Abgrenzung zwischen einer reinen Sprechapraxie und einer motorisch geführten Aphasie möglich ist.
In Summe schränkt eine Aphasie den Dialog maßgeblich ein und macht es damit sowohl den versorgenden Ärzt*innenn, dem medizinischen und therapeutischen Personal als auch den Angehörigen schwer, Betroffene adäquat zu unterstützen. In Folge wirkt sich die Aphasie auch langfristig auf das familiäre, soziale und berufliche Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen aus. Die Lebensqualität sinkt möglicherweise. Daher ist das Training der Sprache unerlässlich.
Gemeinsam mit unseren Patient*innen arbeiten wir Logopäd*innen von Theralingua im Rahmen der alltags- und ressourcenorientierten Aphasietherapie an der Verbesserung der Sprachfunktionen. Das regelmäßige Üben fördert die sogenannte Neuroplastizität des Gehirns, also das „vernetzen“ unterschiedlicher Hirnareale. Es ist nicht möglich eine Vorhersage zu treffen, inwieweit sich das Gehirn je wieder erholt. Doch die Überraschungen lassen in der Regel nicht lange auf sich warten. Auf einmal ist das Wort wieder da!
Sind Sie oder einer Ihrer Angehörigen von einer Aphasie betroffen? Sprechen Sie uns gerne an! Wir können helfen!
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